Eine Kuhweide irgendwo im Landesinneren Kubas. Cristobal, ein Kleinbauer, schleppt in stundenlanger, mühsamer Kleinstarbeit, grössere Steine auf einen Haufen, um sie danach abzutransportieren. «Cristobal, was machen Sie da?», fragt der Kameramann erstaunt. «Ich räume Steine vom Staatsboden», antwortet dieser in aller Ruhe. «Werden Sie bezahlt?», erkundigt sich der Filmende in Spanisch. Er hat einen starken amerikanischen Akzent. Gregorio antwortet, «Nein. Das ist meine Art, der Revolution dieses Landes zum Erfolg zu verhelfen.» Das ist Mitte 1970er-Jahren.

Das Ende jahrhundertelanger Fremdherrschaft

Der Inselstaat in der Karibik blickt auf zwei aufrüttelnde Jahrzehnte zurück. 1959 hatte der kubanische Revolutionär Fidel Castro zusammen mit seinem Kumpanen Che Guevara die von den Vereinigten Staaten unterstützte Diktatur um Fulgencio Batista gestürzt und ein sozialistisches System eingerichtet. Im Zuge dieser politischen Neuausrichtung verstaatlichte der studierte Rechtsanwalt alle Besitztümer der zahlreichen ausländischen Firmen und setzte dem Projekt «US-Ferienkolonie» damit ein Ende. Unter grosszügiger finanzieller Unterstützung der Sowjetunion baute Castro das Land in den folgenden Jahren in eine prosperierende sozialistische Republik um. Zwar ging er streng gegen jegliche Gegner vor, trotzdem verbesserten sich die Lebensbedingungen der zuvor verarmten Bevölkerung deutlich. Jeder hatte Zugang zu einem Gesundheitssystem, Universitäten spriessten selbst in der abgelegensten Provinz aus dem Boden. Im Zuge einer Alphabetisierungskampagne reduzierte er mithilfe zahlreicher Mitbürger der Anteil an erwachsenen Analphabeten innert neun Monaten von 23.6 auf 3.9 Prozent.

1975 kommt Fidel Castro schliesslich zu seinem grossen Auftritt. 16 Jahre nach der Revolution eröffnet Fidel im Zentrum Havannas den ersten Kongress der kommunistischen Partei Kubas. Die Welt schaut zu, Fidel ist am Gipfel seiner Macht angelangt.

Eine persönliche Story – ohne zu werten

Zu dieser Zeit kommt Filmemacher Jon Alpert ein erstes Mal auf der Insel. Er will sich eine einige Meinung bilden, sich lösen von den Kontroversen, die seit Jahren durch die US-amerikanischen Medien gehen und Fidel entweder verdammen oder vergöttern. Alpert ist sofort fasziniert von den Menschen, der Ideologie und der Kultur, die sich alle so vom kapitalistischen Westen unterscheiden. Schnell findet er den Draht, nur ausgerüstet mit seiner Kamera, zu der kubanischen Gemeinschaft. Als beinahe einziger Journalist erhält er die Gelegenheit, mit dem scheinbar unnahbaren Fidel Castro zu sprechen. Auch 1979, als Castro in die Staaten einreist, um in New York vor der UN-Vollversammlung zu sprechen, erhält Alpert gar Einblick in die privaten Gemächer des Comandante.

Alpert versteht es wie kein anderer westlicher Journalist, die Stimmung im Land einzufangen. Seine eindrücklichen Bilder erzählen Geschichten, die symbolisch für die Stimmungslage eines ganzen Landes zählen. Sei es 1975, im Taumel von Triumph und wirtschaftlicher Prosperität. Oder 2000, als sich das Land, geschwächt vom Niedergang der Sowjetunion und dem Wirtschaftsembargo der USA in einer schlimmen humanitären Krise befindet. Über fünf Jahrzehnte zeichnet Alpert ein Bild des Wandels. Werten muss er dabei nicht. Sein Film hilft dem Zuschauer eine eigene Meinung zu bilden, sich selbst ein Bild über die Situation im Land zu machen. Sein Drang zur Selbstdarstellung mag zuweilen stören, stellt am Ende aber eine weitere Lebensgeschichte dar, seine eigene nämlich. Es ist eine persönliche Story über Menschen, die dem Kameramann über die Jahre ans Herz wachsen. Er fängt deren Schicksal hautnah ein und macht so die Dramen, die sich über die Jahrzehnte auf der Inselrepublik abgespielt haben, greifbar.

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