Schön sein will jeder. Doktor Georg Noever weiss, wie man nachhelfen kann. Doch wie steht er zu Body Positivity und weshalb werden „Schönheitsoperationen“ seiner Meinung nach nie aussterben?

Chirurg für plastische Chirurgie Georg Noever

Stellen Sie sich doch kurz vor

Mein Name ist Georg Noever. Ich bin Facharzt für plastische Chirurgie. Seit 2014 bin ich leitender Arzt der Plastischen und Ästhetischen Chirurgie im Breast Atelier in Zürich.

Wie definieren Sie Schönheit?

Es gibt es zwei Aspekte.
Zum einen gibt es gewisse Symmetrien, Harmonien und Proportionen, welche vom Durchschnitt als schön empfunden werden. Es gibt viele Studien, welche Schönheit anhand dieser Merkmale messen. Es gibt dann auch kulturelle Unterschiede. Was wir Schweizer als schön empfinden, wird in Asien zum Beispiel völlig anders gesehen.
Und dann gibt es noch den anderen Aspekt. Ich meine diesen, welcher man als innere Schönheit bezeichnet. Beim Betreten eines Raumes kann eine Person noch so schön sein, doch sobald der Charakter erkannt wird, kann dies das ganze Bild zerstören.

Ich nehme auch die innere Schönheit wahr.

Denken Sie manchmal beim Kennenlernen neuer Personen, dass man dies und das an dieser Person verbessern könnte?

Kaum. Zu Beginn der Ausbildung passiert dies öfters, da man sich sehr intensiv mit dem Thema auseinandersetzt. Man nimmt die Dinge plötzlich bewusster wahr. Doch, ich schaue im täglichen Leben nicht darauf. Dafür bin ich glaub zu lange in dieser Branche. Ausserdem tut es auch nicht der Beziehung mit der anderen Person gut.

Perfekt sein, wie auf Social Media. Bemerken Sie etwas von dem Schönheitsdruck in Ihrer Praxis?

Eine Frage, welcher mir öfters gestellt wird. Es gibt nur wenige, welche mit einem Foto zu mir kommen und sagen, sie/ er wolle genau so aussehen.
Viele fühlen sich unwohl in ihrem Körper, weil sie asymmetrische Brüste oder zu kleine Brüste haben, oder Hängebrüste, oder oder oder.

Mit welchen Anliegen kommen junge Erwachsene  zu Ihnen?

Junge Frauen kommen oftmals wegen ihren Brüsten, der Nase oder weil sie Fett absaugen wollen.
Junge Männer besuchen mich teilweise ebenfalls wegen der Nase oder dem Fettabsaugen. Die Genetik bestimmt, an welchen Stellen Fett angesetzt werden soll. Daher hilft dann auch das Training nicht. Ein weiteres Anliegen junger Männer sind zu grosse Brüste. Nicht selten kommen Patienten zu mir, welche sich nicht mehr oben ohne in der Öffentlichkeit zeigen wollen.

Bei all diesen Anliegen kann ich sehr gut helfen.

Was ist das Schönste an Ihrem Beruf?

Bei der plastischen Chirurgie wird – anders als zum Beispiel in der Allgemeinchirurgie – an der Körperoberfläche gearbeitet.
Der Nachteil ist, dass der Patient, anders als bei z.B einer Gallenblasen Operation, besser abschätzen kann, wie gut der Facharzt seine Arbeit gemacht hat. Als Chirurg muss man daher in der Lage sein, sich auch kritischen Fragen zu stellen. Andererseits ist die Zufriedenheit der Patienten und Patientinnen nach plastisch-chirurgischen Eingriffen unter Umständen wesentlich grösser.

Hatten Sie Patienten, welche den Eingriff bereut haben?

Ja, dies kommt manchmal vor. Um das zu verhindern, ist die Beratung vor der Operation unglaublich wichtig. Da schaue ich mit dem Patienten das Problem an und entscheide, ob es nachvollziehbar ist oder nicht.

Dann sehe ich das richtig, dass Sie auch Operationen verweigern?

Ja. Bei jedem Patient muss ich entscheiden, ob ich die Operation durchführen will. Wenn jemand kommt und findet, seine Nase sei nicht schön, ich allerdings beim Anschauen feststelle, dass sie gut proportioniert und gerade ist, dann muss ich mir die Frage stellen: Kann ich mit einer Operation eine Verbesserung erreichen?

Manchmal merke ich während der Beratung, dass das eigentliche Problem im Kopf liegt und man objektiv nichts erkennen kann. Hier wäre dann ein Psychologe gefragt.

Doch in den häufigsten Fällen kommen die Patienten schon mit einem nachvollziehbaren Makel zu mir.

Was ist Ihre Meinung zu Body Positivity?

Hmm, diese Body Positivity Entwicklung… Meiner Meinung nach wird sich diese Bewegung auf Dauer nicht halten.

Es wird immer Leute geben die sagen, ja sie seien 120 Kilo und sie fänden dies toll. Das ist auch völlig in Ordnung. Ich will niemanden operieren, welcher sich in seiner Haut wohl fühlt. Allerdings versuche ich den Menschen zu helfen, welche sich halt eben NICHT wohl fühlen. Und die wird es immer geben. Wenn wir einen Blick auf unsere Kulturgeschichte werfen, dann bestand schon immer das Interesse, schön sein zu wollen.

Geschrieben von:

Eat the Spaghetti to forgetti your regretti

2 Comments

  1. Cynthia Gehrig Reply

    Ein sehr spannendes und gut geschriebenes Interview zu einem interessanten Thema! Ich finde es super, dass du oft Fragen gestellt hast, die auf seine eigene Meinung basieren statt auf reine Fakten.

    • Deborah Amolini Reply

      Hoi Cynthia
      Danke für dein Feedback. Willst du noch mehr über das Thema Schönheit & Co lesen?

      Grüessli
      Debi

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